Das A-Team als antikapitalistische Stadtguerilla
Als Kind war ich ein Riesenfan von Alf, dem Außerirdischen, der so gerne Katzen verspeisen wollte. Ich hab’s immer gesehen und besaß auch mehrere Hörspielkassetten. So vernarrt war ich in das orange Nasentier. Als ich vor geraumer Zeit beim Wochenendzappen bei eben diesem liebenswürdigen Zottel hängen blieb, erschien mir der Sachverhalt leicht anders. Platte Plots, nervige Charaktere (besonders Brian) und zotiger Humor.
Vielleicht, so dachte ich, ist es oft so. Für Kinderhände erscheint vieles auch viel schwieriger oder größer, als es später auf einen Erwachsenen wirkt. Ebenso für Kinderaugen. Und wieso nicht auch für den Geist eines Kindes. Man lacht viel eher und kritisiert nicht einfache Geschichten. Man ist leichter zufrieden zu stellen.
In der Erwartung, dass bei jeglichen Heroen meiner Kindertage der Glanz verschwände, drückte ich mich lange davor die Wahrheit zu sehen, indem ich die Sendungen nicht wieder anschaltete. Denn ist es nicht eine der schrecklichsten Sachen, die es gibt, wenn man die plumpe Rohheit hinter den glanzvollen Helden von damals erkennt?!
Doch als ich seit langem auf RTL beim A-Team hängen blieb, war ich freudig überrascht. Immer noch war ich begeistert. Natürlich nicht mehr so aufblickend wie damals, doch konnte ich leichter den teils bissigen Humor erkennen und Erstaunliches ausmachen. Handelt es sich bei dem A-Team um eine antikapitalistische Stadtguerilla.
Das A-Team an sich
Die Gruppe setzte sich zusammen aus Col. John "Hannibal" Smith, gespielt von George Peppard, Sgt. Bosco Albert "Bad Attitude - B.A." Baracus, verkörpert durch Mr. T, Lt. Templeton "Faceman", nach dem Pilotfilm ersetzte Dirk Benedict den Darsteller Tim Dunnigan und Capt. H.M. "Howling Mad" Murdock, der kongenial von Dwight Schultz Leben eingehaucht bekam.
Das zumindest George Peppard ein hochkarätiger Mime war und mit „Breakfast at Tiffanys“ Filmgeschichte schrieb, soll hier kein Geheimnis sein. Dirk Benedict dagegen brachte schon als Lt. Starbuck in „Kampfstern Galaktika“ Ideologien mehr oder minder versteckt an den Zuschauer. Basierte doch ein Großteil der Geschichte auf Motiven der „Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage“ (vgl. hierzu Monochrom #11-14einhalb).
Der gemeinhin als Mr. T bekannte Laurence Tureaud sammelte erste erzieherische Erfahrungen in der Sesamstraße und eignete sich aufgrund seines sozialen Backgrounds hervorragend für eine Serie über eine anarchische Truppe, deren Ziel es war den Großkapitalismus zu bekämpfen. Als zweitjüngster von zwölf Kindern wuchs er im Chicagoer Ghetto auf. Dass sein Vater die Familie verließ, als er fünf war, dürfte seine Kindheit nicht unbedingt leichter gemacht haben. Doch statt mit Gangsta-Attitüde versucht es Mr. T mit Herz. Anfang der 90er trat er ab und an in Schulen auf, um über Gewalt und Drogen zu informieren (vgl. hierzu Gong 27 -1990 und Gong 3 -1992).
Face-Darsteller Dirk Benedict kannte als Sohn eines Anwalts die andere Seite der Medallie. Somit hatten die Schauspieler einen hervorragenden Background, auf dem man aufbauen konnte.
Die Geschichte der Charaktere selbst ist ein wenig komplizierter. Bei dem Team handelte es sich um eine Spezialeinheit namens „Alpha Team“, deren Vorgesetzter ein gewisser Col. Morrison war. Dieser gab Ende des Vietnamkrieges den Befehl die Bank von Hanoi zu besetzen und auszurauben.
Das "Alpha-Team" bestand zu dieser Zeit aus Col. John Smith, Lt. Tempelton Peck und Sgt. Bosco Baracus. Das Team führte diesen heiklen Auftrag im Sinne der Konventionen aus. Als Pilot bekamen sie Cpt. H.M. zugeteilt, der bei der Ausführung des Befehles half.
Das Team erfüllte seinen Auftrag und nahm die Bank ein. Was das Alpha-Team aber nicht wusste, war, dass der Krieg seit einigen Tagen sein Ende gefunden hatte. Als das Team von dem Kriegsende erfährt, war es bereits zu spät und sie hatten eine Bank ausgeraubt und standen als Verbrecher da. Da Col. Morrison bei einem Bombardement ums Leben kam, konnte er den Sachverhalt ebenfalls nicht klären und die Gruppe wurde verurteilt. Um es kurz zu machen, zitiere ich den Beginn des Intros: „Sie brachen aus dem Gefängnis aus und tauchten in Los Angeles unter. Seit dem werden sie von der Militärpolizei gejagt, aber sie helfen anderen die in Not sind.“
Der Aufbau, klassisch
Obwohl die Serie dazumal als „most violent TV-Show“ verschrien war und kritische Stimmen meinten, man wolle nur Gewaltszenen aneinander reihen, folgt sie doch meist einem klassischen Aufbau. Dem aristotelischen Drama nicht unähnlich.
Durch die lebensechte Darstellung und die Simulation eines in der Gegenwart ablaufenden Geschehens ist die von Aristoteles gewünschte Identifikation mit Helden und den Opfern (also diejenigen, die die Hilfe des A-Teams in Anspruch nehmen) möglich. Jede Episode folgt also der geschlossenen Form. Auch auf die typischen Strukturelemente wird nicht verzichtet.
Am Anfang steh die Exposition. In einer Episode des A-Teams also meist das Vorstellen der Nebencharaktere, die Opfer. Sie nehmen mit dem A-Team über Mittelsmänner Kontakt auf und schildern ihre missliche Lage. Der Zuschauer wird also in die Grundstimmung und die Situation eingeführt. Ebenfalls lernt er die Figuren kennen. Es folgt die Krisis. Der Feind wird entlarvt, meist ein korrupter Firmenchef oder Mafiaboss. Das A-Team ist stets auf der Seite der Underdogs. Der Konflikt wird klar und die Motive entlarvt.
In der Peripetie rüstet sich das A-Team für einen Angriff. Meist gegen eine Übermacht. Nur vier Leute, eine Minderheit, gegen einen scheinbar unbesiegbaren Gegner. Das A-Team behilft sich oftmals durch die Künste ihrer Mitglieder. B.A. panzert Gefährte oder sichert Gebäude, indem er Müll zusammenschweißt und Hannibal ersinnt einen Plan. Jetzt wird aus dem klassischen Aufbau ausgebrochen. Was für die Helden noch Teil der Peripetie, nämlich ein Umschwung im Schicksal der Helden, sprich die aussichtslose Situation wird gemeistert, ist für den Antagonisten die Katastrophe. Auf die eigentliche Katastrophe im klassischen Sinn wird verzichtet. Doch auch wenn der Feind geschlagen ist, die Handlung offensichtlich abgeschlossen, folgt meist eine Art Katharsis. Mit einem flotten Spruch (oftmals das berühmte „Ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert.“) stehen die Helden vereint im Bild und sind glücklich über den Sieg. Ähnlich wie bei Goethe, dem die Katharsis oftmals auch als Aussöhnung galt.
Und trotz aller Unterschiede, eine Orientierung an einer klassischen Struktur ist offensichtlich erkennbar.
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Datum: 09.08.2004, 21:36 Uhr
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